Was braucht es zur erfolgreichen, selbstständigen Brautkleid-Expertin? Ich würde sagen, viel Einfühlungsvermögen, Empathie, Sinn für Ästhetik, Fantasie und Leidenschaft. Ich kenne Bianca von Fairydress noch nicht allzu lange, aber so wie ich sie einschätze, bringt die all diese Skills mit. Einmal mehr hat mir Instagram zu diesem Kontakt verholfen. Nicht, dass die Suche nach dem perfekten Brautkleid für mich momentan gerade aktuell wäre, aber der Feed von der Brautkleid-Freelancerin ist so liebevoll gestaltet, dass ich in abonnieren musste.
Durch eine gemeinsame Freundin, Jasmin, haben wir uns dann persönlich kennengelernt und ich bin mir sicher, dass Bianca auf jeden Fall meine erste Anlaufstelle sein wird, wenn die Brautkleidsuche ein Thema wird.
Aber wie wird man zur Brautkleid-Expertin und was macht Bianca genau? Das wollte ich erfahren und lud die Hochzeits-Fee zum Interview für meine Serie «Selbstständig werden»:
Wie lange bist Du schon selbstständig erwerbend und mit was verdienst Du genau Dein Geld?
Fairydress ist ein Brautkleidgeschäft der besonderen Art. Wenn du ein Brautkleid suchst, kontaktierst du mich. Als erster Schritt möchte ich mehr über deine Hochzeit und dich als Braut erfahren: Was ist das Farbkonzept der Feier, gibt es ein Motto, was ist der «Mood»? Und was für eine Braut möchtest Du verkörpern? Eine Prinzessin, ein Boho-Girl, oder bevorzugst du ein geradliniges Kleid?
Ich komme zu Dir nach Hause, und bringe Dir die 6 Kleider Deiner Wahl plus ein Überraschungskleid
Wenn die Chemie beidseitig stimmt, dann machen wir einen Anprobetermin. Das Spezielle daran ist, dass ich zu Dir nach Hause komme. Ich bringe Dir sechs mögliche Brautkleider mit, die wir vorab zusammen ausgesucht haben und zusätzlich gibt es noch ein Überraschungskleid. Das ist ein Modell, welches du wahrscheinlich nie von der Kleiderstange zur Anprobe nehmen würdest. Lustigerweise haben sich am Schluss schon viele Bräute für das Überraschungskleid entschieden.
Der Aufbau eines Geschäftes braucht Zeit und Durchhaltevermögen
Die Vorbereitungen und Arbeiten im Hintergrund haben etwa im Sommer 2017 gestartet. Seit anfangs 2018 bin ich nun selbständig erwerbend – aber nur in Teilzeit. Der Aufbau eines Geschäftes braucht Zeit und Durchhaltevermögen. Und da Fairydress mein «Baby» ist, möchte ich ihm auch Zeit geben zu wachsen und sich zu entwickeln. Es ist immer ein Balanceakt zwischen wirtschaftlichem Denken und etwas mit Leidenschaft und Liebe zu machen. Daneben arbeite ich noch als Lehrerin auf einer Sonderschule. Das macht mir auch Freude und nimmt mir etwas den Druck, dass mein Geschäft sofort durch die Decke gehen muss. Man arbeitet immer anders, wenn man nicht existentiellen Druck verspürt.
Wie bist Du dazugekommen; war es mehr Zufall, oder ein Plan, eine Vision, eine Strategie?
Ursprünglich habe ich eine kaufmännische Lehre absolviert. Danach machte ich die Berufsmaturität, gefolgt vom einem Studium an der pädagogischen Hochschule und einer Anstellung als Lehrerin.
Seit ich denken kann, bin ich von Brautkleidern fasziniert. Schon als kleines Mädchen spürte ich die Magie, die von diesem «Stoff, aus dem die Träume gemacht sind» ausgeht. Immer stärker wuchs die Leidenschaft – bis hin zu einer «Zwischen-Tüll & Tränen»-Sucht.
Mein Freund hat mich aber auf die Idee gebracht, diese Leidenschaft zu meinem Beruf zu machen. Vielleicht unter anderem auch, weil er einfach nicht mehr Hochzeits-Sendungen schauen wollte..hehe.
Der Name und die Idee für das Logo war ein nächtlicher Geistesblitz
Ich brauchte sehr viel Mut, Überwindung und Vorstellungskraft, diesen Weg dann wirklich zu beschreiten. Aber es ging mir nicht mehr aus dem Kopf, uns so begann ich erste Kontakte zu Herstellern zu knüpfen, erste Testkleider zu bestellen, eine Website zu designen und Arbeitsutensilien zu basteln. Das Konzept hat sich dann ziemlich schnell herauskristallisiert, aus dem vorhandenen Budget und den räumlichen Möglichkeiten.
Den Namen und die Idee für das Logo sind mir eines nachts, wie ein Blitz durch den Kopf geschossen. Natürlich musste ich sofort aufstehen und alles aufschreiben, damit ich es auf keinen Fall vergesse.
Wolltest Du schon immer selbstständig erwerbend sein?
Ich hätte mir das nie erträumt. Aber es ist einfach nur toll und erfüllend, sich mit seinem eigenen Business auf dem Markt zu etablieren und vor allem all die tollen Bräute glücklich machen zu dürfen.
Ich habe neuen Wind in die Hochzeitsbranche gebracht
Es macht mich auch sehr stolz, dass ich es geschafft habe, neuen Wind in die Hochzeitsbranche zu bringen – moderne Brautkleidertrends in der Schweiz.
Wie hat Dein Umfeld auf Deine Entscheidung, Dich selbstständig zu machen, reagiert?
Sie sind mächtig stolz, dass ich es schon soweit geschafft habe und sie unterstützen mich überall wo sie nur können. Dafür bin ich sehr dankbar. Es ist so viel einfacher, wenn man vom Umfeld Unterstützung erfährt.
Gab es einen Schlüsselmoment, wo Du wusstest «Jetzt habe ich es geschafft»?
Auf diesen Schlüsselmoment warte ich wohl noch eine Weile…
Ich denke, der Moment wird nie kommen, bei dem ich das Gefühl habe, ich bin angekommen und ich kann mich damit zufriedengeben. Es gibt immer Neues zu lernen, zu entdecken, auszuprobieren und auch meine eigenen Grenzen auszuloten.
Es ist ein unbeschreibliches Gefühl einer Braut ihren schönsten Tag zu versüssen
Aber jedes Mal wenn ich das Strahlen auf dem Gesicht einer «meiner» Bräute sehe, ist das ein unbeschreibliches Gefühl, und ich weiss dann jeweils, dass ich es geschafft habe, einer weiteren Braut ihren schönsten Tag zu versüssen. Und das macht mich glücklich und spornt mich immer wieder aufs Neue an.
Was waren die grössten Hürden auf diesem Weg?
Die grösste Hürde war und ist immer mal wieder die Angst. Mittlerweile nimmt sie aber keinen grossen Raum mehr ein. Es ist lediglich noch die Nervosität vor den jeweiligen Anproben, weil es für mich bei jeder Braut wieder wie beim ersten Mal ist.
Da gäbe es einige witzige Anekdoten aus den unterschiedlichen Bekanntschaften, sei es mit ehemaligen Bräuten, deren Begleitung oder anderen Dienstleistern.
Ich finde es auch immer schwierig, den Preis zu setzen. Es soll für beide Seiten stimmen. Ich möchte faire Preise verlangen, aber natürlich muss sich mein Aufwand und meine Arbeit auch rechnen, wenn ich langfristig bestehen möchte.
Was sind die schönsten Momente in Deinem Berufsalltag?
Die Freude und Begeisterung der Bräute. Ich liebe es, wenn eine Braut von Innen strahlt und genau weiss, dass es ihr perfektes Kleid sein wird – es lässt mein Herz höherschlagen und rumhüpfen. Ich muss aber ehrlich gestehen, Tränen fliessen sehr selten. Und wenn, dann ganz bestimmt nicht so, wie man es so im TV sieht.
Denkst Du, es ist schwieriger, sich als selbstständig erwerbende Frau zu behaupten?
Ich denke das kommt ganz auf die Branche und den Charakter an. In der Hochzeitsbranche ist es bestimmt einfacher sich als Frau in die Emotionen der Braut zu versetzen. Was es aber auf jeden Fall braucht, ist ein Fingerspitzengefühl und ganz sensible Fühler, um zu spüren, was die Braut gerade von einem braucht.
Was würdest Du Frauen empfehlen, die sich gerne selbstständig machen möchten?
Mach es! Wage es! Wenn du es wirklich willst, mit Ehrgeiz und Leidenschaft arbeitest, Geduld hast und motiviert bist, wirst du es auch schaffen!!!
Danke vielmals liebe Bianca für den spannenden Einblick. Du bist ein gutes Beispiel dafür, dass man in der Selbstständigkeit nicht immer von Null auf 100 gehen muss, und sich zuerst auch antasten und dann den Weg Schritt für Schritt beschreiten kann.