Bild: Rita Palanikumar
Die freischaffende Fotografin Filipa Peixeiro und ich haben uns 2006 kennengelernt. Ich hatte gerade meine Ausbildung als Makeup Artistin beendet. Auf der Suche nach einem «Ateliergspändli» hat sie sich auf meine Annonce gemeldet.
Aus der Ateliergemeinschaft wurde nichts, dafür entstand etwas viel Schöneres: Eine tiefe und ehrliche Freundschaft.
Mit Filipa durfte ich auch mein erstes Beauty-Shooting erleben, ich habe geschminkt und sie hat meine ersten Beauty-Makeup-Portfolio-Bilder geschossen.
Als Fotografin pflegt die gebürtige Portugiesin ihren ganz eigenen Stil, eine stille, berührende und ausdrucksstarke Bildsprache.
Obwohl ich Filipa, sowohl als selbstständig erwerbende Fotografin, wie auch als gute Freundin schon lange kenne, wollte ich mehr über ihre Gedanken zur Selbstständigkeit erfahren und habe sie deshalb für meine Serie «Selbstständig werden» interviewt:
Wie lange bist Du schon selbstständig erwerbend und womit verdienst Du genau Dein Geld?
Seit 2011 arbeite ich als selbstständige Fotografin für Magazine, Labels und Werbekunden.
Wie bist Du dazugekommen; war es mehr Zufall, oder ein Plan, eine Vision, eine Strategie?
Ich wusste früh, dass mich die Fotografie mehr als nur begeisterte, daher wollte ich gleich mit 15 Jahren mit der Ausbildung starten. Eine Frau bei der Berufsbildung hatte mir ans Herz gelegt, ein paar Jahre zu warten und so habe ich zuerst eine Lehre als Fotofachangestellte absolviert und direkt danach eine Lehre als Fotografin begonnen.
Und nach total sechs Jahren, gings erst richtig los mit dem Lernen, denn vieles wird einem in der Ausbildung nicht beigebracht, sondern erst «on the Job». Seither hat sich vieles gefügt, Visionen sind wahr geworden, neue dazugekommen und ein paar Möglichkeiten, von denen ich nicht mal zu träumen gewagt hätte, wurden Realität.
Wolltest Du schon immer selbstständig erwerbend sein?
Etwas in mir wusste es, aber so ausgesprochen hatte ich es nicht immer. Ich liebe es frei zu sein, das passt für mich ganz gut zusammen.
Wie hat Dein Umfeld auf Deine Entscheidung, Dich selbstständig zu machen, reagiert?
Ich hatte und habe sehr viel Unterstützung, für die ich sehr dankbar bin. Nicht zuletzt meinem Dad, der mir damals schon viele konstruktiv-kritische Fragen gestellt hatte. Diese haben mich bestärkt, in gewissen Situationen genauer hinzuschauen.
Gab es einen Schlüsselmoment, wo Du wusstest «Jetzt habe ich es geschafft»?
Es gab viele Schlüsselmomente gerade zu Beginn.
Ich hatte als Fotografin unter anderem Aufträge in Südamerika, Afrika und New York City
Beispielsweise einen einjährigen Aufenthalt in Lissabon. Da arbeitete ich als erste Foto-Assistentin einer Modefotografin. Später kam der Einzug in die Fensterfabrik in Zürich. Aufträge in Südamerika, Afrika und NYC, das alles waren wunderschöne Erfahrungen. Diese Momente gibt es heute noch.
«Geschafft» ist etwas, das jeden Tag von neuem beginnt
Gut, vielleicht bin ich nicht mehr so «cheibe» nervös wie damals, aber die unvergesslichen Momente kommen mit jedem Auftrag, eigentlich ganz egal wo. Aber „geschafft“ ist für mich etwas, dass jeden Tag von neuem beginnt, die verschiedenen Aufgaben, die uns die Arbeitswelt mitbringt, immer wieder von neuem zu schaffen und im Besten Fall zu erschaffen.
Was waren die grössten Hürden auf diesem Weg?
Mir selber treu zu bleiben, no matter what, und dazu gehört auch ein Nein auszusprechen.
Was sind die schönsten Momente in Deinem Berufsalltag?
Ich liebe die Vorfreude vor jedem Auftrag.
Für mich ist es etwas vom Allerschönsten und Bereicherndsten, die unterschiedlichsten Menschen an verschiedensten Orten erleben zu dürfen, Geschichten zu hören, und einen Teil davon in Bilder festzuhalten.
Es ist das Schönste, wenn ich merke, dass die Person vor der Kamera authentisch, sich selber sein kann.
Magisch sind auch die Momente, in denen ich sehe, dass die Person vor der Kamera sich selber sein kann.
Denkst Du, es ist schwieriger, sich als selbstständig erwerbende Frau zu behaupten? Gibt es eventuell auch Vorteile, oder hast Du das Gefühl, dass das Geschlecht keine Rolle spielt?
Über das Thema könnten wir uns lange unterhalten. Ein Vorteil ist, dass sich Frauen in der linearen sowohl als auch in einer zyklischen funktionierender Gesellschaft gut behaupten können. Mit linear verstehe ich, eine geradlinige Karriere mit kreativen Lösungsansätzen, während zyklisch für mich eine eher verspieltere Art von Werdegang bedeutet, eine integrierendere Form von Lösungsfindung.
Beide Qualitäten können für jeden Menschen, vor allem in der Selbstständigkeit, hilfreich sein.
Wenn mal Zweifel aufkommen, denk ich an Queen B’s «Run the world»
Was ich hinderlich finde ist eine Grundsatzeinstellung dass es Frauen schwerer haben. Denn dann kann es schon steinig werden. Und wenn doch mal kurz Zweifel aufkommen, denk ich an Queen B, wie sie mit „Run the World“ sich selber und andere ermutigt.
Was würdest Du Frauen empfehlen, die sich gerne selbstständig machen möchten?
Ganz ehrlich hab viel Freude damit und lass mich wissen wenn Du Bilder brauchst.
Gibt es etwas, was Du uns gerne auf den Weg mitgeben möchtest?
Es kann hilfreich sein, zu erkennen, dass man einen individuellen Weg gehen will, kann und darf. In dem Sinne denke ich würde ich folgendes mitgeben wollen:
Das eigene Bauchgefühl weiss es meist besser, als jeder gut gemeinte Ratschlag
Hört euch gut an wie andere ihren Weg gehen. Aber hört vor allem auf das, was ihr für Euch wollt und sich richtig anfühlt. Das ruhige eigene Bauchgefühl weiss es oft besser, als jeder gut gemeinte Ratschlag.