Einmal alles bitte

Einmal alles bitte

Ja, ein bisschen Glück muss man manchmal haben. Und genau das hatten meine Freundin Michèle und ich, als wir im Mohr Life Resort im Tirol waren. Denn unser Aufenthalt fiel gerade mit einem Premiere zusammen, einem 10 Gang-Menu mit passender Getränkeauswahl.

Aber beginnen wir bei A:

Frischer Wind

Seit gut zwei Monaten hat Rudi Schuchter, Sommelier, die Leitung des Restaurationsbetriebs übernommen. Zusammen mit Küchenchef Bruno Sojer haben sie ein Zehn-Gang-Menu (eigentlich zwölf….) mit den passenden Tropfen dazu entworfen, die das ganze Potential der Küche und des Weinkellers entfalten soll. Acht Personen sollen in den Genuss dieser Premiere kommen, und Michèle und ich waren glückliche 25% davon. Man versprach uns, dass die Portionen klein sein werden, und so setzten wir uns guten Mutes und mit hungrigen Mägen an den Tisch.

Wie aus zehn zwölf wurden

Begonnen hat das kulinarische Abendteuer mit mit einer hausgemachten Brotvariation und zweierlei Bauernbutter, dazu serviert wurde ein Bierchen im Proseccoglas.

Neugierig wie wir sind, wollten wir natürlich jede Brotsorte ausprobieren, und es hat sich wirklich gelohnt, jede Sorte hatte seine ganz eigene Note.

Als nächstes kam das eigentliche Amuse-Bouche an die Reihe, ein Eintopf von Rollgerste mit Pata Negra Schinken, sowie ein Graukaskrapfen mit Liebstöckel, begleitet wurde das Ganze von einem erfrischenden prickelnden Cider.

Schon halb satt ging es nun ans eigentliche 10-Gang-Menu. Der erste Gang bestand aus einem Rondell von Yellow Fin Tuna, mit grünem Apfel, Asiaglacé, Ingwer, Minze und Erdnüssen, begleitet von einem 2010er Riesling, einem Pfaffenberg.

Als nächstes Stand ein Sauté von Sot-l’y-laisse, übersetzt «Narr, der es liegen lässt» auf dem Programm, ein filetartiges Fleischstück vom Geflügel, mit Kapern, Rosinennage, Zuckerschoten und Spargel, ergänzt durch einen frischen Sauvignon Blanc aus dem 2014.

Jeder der Gänge hat bis jetzt verschiedenste Geschmacksregionen angesprochen, und wir fühlen und wie im Feinschmeckerhimmel.

Weiter gehts mit einem Onsenei. Das ist ein Ei, welches während rund einer Stunde zwischen 60 und 70 Grad gegart wird. So erreicht diese Spezialität aus Japan eine geschmeidige Konsistenz, fest aber trotzdem cremig. Unser Onsenei schwamm in einem Teich von Nussbutter, Cremespinat, Pfifferlingen und Speck. Jetzt wurde uns zum ersten Mal ein Rotwein serviert, ein Torrign Nacional, den Dão mit dem Jahrgang 2015. Ich bin der Meinung, dass Rotweine aus Portugal fast immer gut sind, und auch dieser edle Tropfen enttäuschte mich nicht.

Als nächstes standen Jakobsmuscheln auf der Menükarte. Ich liebe Jakobsmuscheln! Diese wurden  mit Zitronengras, Bohnen, Aprikose, Lavendel und Cromesquis serviert, dazu einen Ayala Rosé Champagner. Ayala ist das zweite Haus von Bollinger, kommt etwas jünger und moderner daher. Auf meine erstaunte Frage an unseren Gastgeber Rudi, ob das denn erlaubt sei, nach Bier, Weisswein und Rotwein Champagner zu trinken, meint der, dass er sich alleine auf den zur Speise passenden Tropfen konzentriere und nicht auf die Reihenfolge und dass alles erlaubt sei, was Freude mache. Wir haben Freude, also geniessen wir auch diesen Ayala Rosé bis zum letzten Tropfen.

Nach dem Ayala Rosé wird uns ein Ayala Brut serviert, als Begleitung einer Krustentierbolognese mit Schweinebauch, Jalapeñoschaum, Beurre Blanc und Caviar. Wunderbar lecker, aber wie ihr den Bildern entnehmen könnt, war das mit den kleinen Portionen etwas geschummelt. Wir hören bereits die Nähte unserer Kleider krachen…Also legen wir einen kleinen Verdauungsspaziergang ums Hotelgelände ein.

Nach unserem Spaziergang sind wir zwar nicht wirklich viel hungriger, aber wir fühlen uns bereit für den nächsten Gang, den Rochen, mit Gewürzananas, Umami, Koriandersamen und Kimchi. Nun trinken wir wieder einen Weissen, den Pouilly-Fuissé 2016 aus dem schönen Burgunderland.

«Bereits» sind wir beim zweitletzten salzigen Gang angekommen, einem Kalbsbries. Ganz ehrlich, ich musste Dr.Google anfragen, was denn das genau ist: In der Schweiz nennt man es Milke und es ist der Thymus des Kalbs, also eine Innerei, welches für die Immunabwehr zuständig ist und für seine Zartheit geschätzt wird. Es war wirklich sehr liebevoll und lecker zubereitet, und ich ass die Hälfte, aber ich habe- egal wie zart- einfach geschmacklich und konsistenzmässig Probleme Innereien zu essen. Die Morchel, Erbsen und den eingelegten Kürbis ass ich aber schön brav aus, und auch vom Roten Traminer aus 2015 liess ich nichts zurück.

Wir können es fast nicht glauben, dass wir es zum letzten salzigen Menupunkt geschafft haben und unsere Nähte noch immer nicht geplatzt sind: Jetzt gibts einen Maibock Tramezzino mit Sellerie, Dattel, Buttermilch und Nusskuchen, dazu einen Schweizer Wein, einen Pinot Noir 2012 vom Weingut des Schaffhauser Markus Ruch in Neunkirch.

Habt Ihr mitgezählt? Wir haben bereits zehn verschiedene Delikatessen gekostet, und noch fehlt der Nachttisch, und es gibt zwei davon. Also, das mit dem 10-Gang-Menu war tatsächlich eine kleine Untertreibung…

Der erste Nachtisch ist ein hausgemachtes Bergamotte Magnum mit weisser Schokolade, begleitet von einer «Lorraine», einem hausgemachten, erfrischenden Cocktail aus Limoncello, Prosecco und Grapefruit. Es wird wahrhaftig auf den Tisch gezaubert in einem Bad von Klee, Reben und Trockeneis, das Auge isst definitiv auch hier mit.

Zum krönenden Abschluss dürfen wir eine Waldbeerenvariation mit Fichte, Kraken Rum und Sauerrahm geniessen, ergänzt durch ein Gläschen Kraken Rum.

Ein bisschen stolz sind wir schon, dass wir es geschafft haben, alle 12 (!) Gänge zu probieren und es hat sich wirklich gelohnt. Jeder Gang ist ein Meisterwerk, welches mit viel Liebe und Fantasie zubereitet und kunstvoll präsentiert wurde. Und auch die Getränkeauswahl war exquisit.

Die Portionen waren eindeutig viel zu gross, aber jeder Gang hat uns geschmacklich von neuem überrascht. Wie gesagt, es war das erste Mal, dass ein solcher Zehn-Gänger angeboten wurde, ob es in der Zukunft auch wieder auf dem Programm steht, ist noch nicht definiert. Man kann aber jederzeit ein 7-Gang-Menu mit passender Getränkeauswahl buchen, und im Package «Auszeit mit allen Sinnen» ist es sogar inklusive.

Michèle und ich möchten uns an dieser Stelle nochmals ganz herzlich bei Rudi Schuchter, Bruno Sojer, dem ganzen Küchen- und Serviceteam und dem Mohr Life Resort bedanken, dass wir Teil dieser lukullischen Premiere sein durften.

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